Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Donnerstag

7

September 2017

Dran bleiben

von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Hoffnung, Bloggen

Eigentlich weiss ich es ja. Es ist nicht so, als wäre man mit dem Thema der ungewollten Kinderlosigkeit jemals “durch”. Das habe ich genau so auch schon hier auf dem Blog geschrieben. Obwohl es einen himmelweiten Unterschied gibt zwischen der akuten Trauerphase und dem Leben danach. Es wurde sehr viel besser, und es ging mir auch wieder richtig gut. Und doch kommt da ein “Aber”.

Wieder einmal staune ich über die Diskrepanz zwischen Kopf und Herz. Ja, der Kopf weiss, dass es nie ganz “vorbei” sein wird. Das Herz war aber so erleichtert und froh, als es aus der akuten Trauer auftauchen konnte, dass es insgeheim doch gehofft hat, von nun an wäre für immer alles gut. Abgelenkt von vielen neuen Eindrücken und Entdeckungen, ist es dieser Versuchung doch irgendwo ganz hinten in einem verborgenen Winkel ein kleines bisschen erlegen. Verständlich, denn am Anfang war meine Ausbildung sehr aufregend, es gab viel Neues und ich hatte gar keine Zeit, irgendwelchen negativen Gedanken nachzuhängen. Das Positive überwog bei Weitem.

Dann kam ein anstrengender Sommer und es wurde holprig. Vielleicht lag es an der Müdigkeit. Am fehlenden Urlaub. Oder daran, dass für meine antrainierten Selbstfürsorgemassnahmen am Ende doch schlicht manchmal kein Raum blieb. Ich war beunruhigt. Würde ich denn nie wirklich ganz zufrieden sein? Würde ich jemals wirklich dazu gehören? Würde immer irgendetwas sein, was nicht passt?

Oh, wie beruhigend war es, auf dem Blog von Mali aus Neuseeland zu lesen, dass auch sie noch immer Lektionen zu lernen hat, zehn Jahre nach dem Schlussstrich unter die Behandlungen. Uff, dachte ich. Vielleicht bin ich doch gar nicht so verkehrt. Seltsam, dass ich manchmal immer noch denke, mit mir wäre etwas nicht ganz richtig. Dass ich von mir erwarte, von nun an alles spielend zu schaffen und immer guter Laune zu sein.

Das Leben hat so die Angewohnheit, immer wieder Dinge an die Oberfläche zu bringen, die weniger schön sind. Es lohnt sich, dem Ganzen etwas Aufmerksamkeit zu widmen, Gefühle nicht zu verdrängen und sich zu konfrontieren mit den eigenen Gedanken und Glaubenssätzen, die wie Mali schreibt, so leicht dafür sorgen können, dass wir uns elend fühlen oder die uns gar zurück in die Trauer katapultieren. Ein Stück weit müssen wir unser Gehirn “neu programmieren”. Mali hat das gut erklärt: zuerst musste sie sich mit dem eigenen Wert konfrontieren; sie fragte sich, ob sie dieses Schicksal wirklich verdient hatte? Dann fragte sie sich, wie sie sich angesichts der Reaktionen anderer Menschen verhalten sollte. Auch mir geht das heute so. Und je mehr Zeit vergeht, desto einfacher wird es, einfühlsamer zu sein und versuchen zu verstehen, was die anderen dazu bringt, sich mir gegenüber unsensibel zu verhalten. Es wird aber auch leichter, hinzustehen und ein wenig Aufklärungsarbeit zu leisten, weil die meisten wirklich überhaupt keine Ahnung von “unserem Thema” haben…

Einmal mehr bin ich dankbar für diese internationale Blogger-Community. Aber auch für Euch, die Ihr hier mitlest und kommentiert. Wir bringen uns gegenseitig ein Stück weiter, davon bin ich überzeugt. Und - das ist besonders wichtig - wir vermitteln einander das Gefühl, nicht verkehrt zu sein. Danke Euch dafür!

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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