Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Freitag

25

November 2016

Es weihnachtet...

von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Gesellschaft, Trauer, Ereignisse, Selbstfürsorge

Fast mein ganzes Leben lang war der Advent eine meiner liebsten Zeiten im Jahr. Manchmal kramte ich schon im Oktober, sobald es kühler und dunkler wurde, die erste Weihnachts-CD hervor. Natürlich legte ich sie danach wieder weg, denn ich wollte ja nicht, dass mir die Musik bis im Dezember verleidete :-). Da war viel Vorfreude. Ich überlegte mir weit im Voraus, was ich verschenken wollte, stellte selbst Karten her, plante ein Adventskranz-Binden oder ein gemeinsames Plätzchen-Backen, sei es mit meiner Mutter oder einer guten Freundin… und das Dekorieren liebte ich auch. Seeehr. Was sich auch an der Anzahl Kisten mit Weihnachtsdeko ablesen lässt, die im Keller stehen, räusper.

Letztes Jahr war alles anders. Es war mein erstes Weihnachten nach dem Schlussstrich unter unsere Kinderwunschbehandlung, und es ging mir ziemlich bescheiden. Schon im Oktober fing es an mit dem “Nie werde ich…”. Sobald ich Adventskalender in den Läden sah. Das ist etwas, was ich sehr gerne für meine Kinder gemacht hätte. Kleine Überraschungen für jeden Tag. Wie habe ich das geliebt, als ich klein war!

Die Trauer begleitete mich durch den Advent. Auch die Festtage waren anders. Schwer. Von Genuss konnte keine Rede sein; eher von Über-Leben. Ich liess mich treiben, ziemlich passiv. Weil ich nicht die Kraft hatte, proaktiv zu sein. Ausnahmsweise verbrachten wir Heiligabend nicht bei meiner Familie - eine Premiere, und, wie sich herausstellte, zu einem etwas ungünstigen Zeitpunkt. Das heile Familienleben um mich herum, alle gaben sich wahnsinnig Mühe, es war schön und nett. Jedenfalls äusserlich. Nur mir drückte es die Brust ab. Ich wollte am liebsten nach Hause. Ich sah mein Patenkind und sass wie versteinert in der Ecke. Und da war noch etwas anderes. Mein Mann verstand mich nicht in meinen negativen Gefühlen. Ich glaube, zu dem Zeitpunkt hatte er etwas genug von ihnen. Das führte zu Konflikten zwischen uns. Es war kein lustiges Weihnachten. Ich fühlte mich alleine, sehr alleine.

So kommt es, dass ich dieses Jahr etwas vorsichtig bin mit der Vorfreude. Ja, wir werden Heiligabend wieder bei meiner Familie verbringen. Ein geborgener Rahmen für das Fest ist sicher von Vorteil. Aber da werden auch Kinder sein. Und das war letztes Jahr ja genau das Schwierige für mich.

Einerseits denke ich, dass ich an einem anderen Punkt stehe als vor einem Jahr. Die “Narbe” ist schon recht gut verheilt. Das macht mich vorsichtig optimistisch. Und doch. Ich wappne mich auch. Falls traurige Momente kommen sollten, dürfen sie das. Bei meinen Eltern kann ich mich leichter zurückziehen als ich es letztes Jahr konnte, falls das nötig wird.

Wie geht es Euch so, wenn Ihr an die kommende Weihnachtszeit denkt? Freut Ihr Euch darauf? Mögt Ihr das Plätzchen-Backen, Weihnachtlich-Dekorieren, den Zimtduft und den Glühwein? Oder eher nicht so sehr? Und - das würde mich am meisten interessieren - habt Ihr Tipps? Strategien?

Ich habe dieses Jahr beschlossen, Weihnachten wieder für mich zurückzuerobern. In Schritten. Es gibt keinen Grund, warum ich die Weihnachtszeit irgendwann nicht wieder geniessen sollte, oder? Und so fing ich damit an: ich beschloss, dieses Jahr Adventskalender für meine Patenkinder zu gestalten. Ich entschied dies so früh im Voraus, dass es tatsächlich Spass machte, das Ganze zu organisieren und die vielen kleinen Päckchen zu packen. Keine Spur von Stress. Und auch Schmerz verspürte ich bisher keinen. Die Trauer klopft zwischendurch an, aber ihre Besuche sind kurz und strengen mich nicht mehr so sehr an wie früher. Ich habe bereits vor einigen Wochen ein Backtreffen für den Dezember vereinbart und die letzten Tage vor Weihnachten freigenommen, so als Stress-Prophylaxe. Das gibt mir schon jetzt ein gutes Gefühl. Ich werde nicht erschöpft nahtlos von der Arbeit ins Feiern übergehen müssen.

Insgesamt hoffe ich, auf diese Weise den richtigen Mix hinzubekommen. Soweit ich es überhaupt beeinflussen kann. Die schwierigeren Momente wird es vermutlich dennoch geben. Aber da sollen auch die angenehmen, wohligen Zeiten sein. Ich plane sie schon im Voraus. Es hilft mir, diese Fixpunkte zu haben. Nach Weihnachten bin ich mit einer neuen Studienkollegin verabredet. Da machen wir etwas Schönes zusammen. Wir freuen uns beide schon. Eine Bekannte von mir, die Single ist, meinte, sie würde zwischen Weihnachten und Neujahr schamlos skilaufen gehen. Und ich finde, sie hat recht. Wenn man kann, sollte man sich diese “Zückerchen” gönnen.

Was macht Ihr so? Habt Ihr Pläne?

Foto: Elaine

PS: Different Shores hat diese Woche auf ihrem Blog zwanzig winterliche Songs verlinkt, die sie mag. Was für eine tolle Idee, sich die Jahreszeit auf diese Weise zurückzuerobern!

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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