Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Donnerstag

2

Juni 2016

Pfützen oder Himmel?

von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Hoffnung

Kürzlich ging ich abends spazieren. Die Sonne schien, nachdem es zuvor geregnet hatte. Auf dem Feldweg hatte es zahlreiche Pfützen. Ich stellte fasziniert fest, dass sich der Himmel in diesen Pfützen spiegelte. Das Blau, die Wolken. Wunderschön.

Dann wurde mir bewusst, dass es mit der Kinderlosigkeit so ähnlich ist wie auf diesem Feldweg. Sehr, sehr lange sah ich nur Pfützen. Da war gar nichts Schönes darin. Ich war traurig. Ich litt. Die Menschen um mich herum schienen mir dauernd unter die Nase zu reiben, dass sie etwas hatten, was ich nie haben würde. Die Geburtsanzeigen, die ins Haus flatterten. Dieser Schmerz. Manchmal begegneten mir am Bahnhof Schwangere. Wildfremde Frauen. Sie konnten absolut nichts dafür, dass sie schwanger waren und ich nicht. Aber nur schon der Anblick der Kugelbäuche war für mich wie ein Schlag. Er konnte mich für Tage aus der Bahn werfen. Also sah ich Pfützen, dreckiges Wasser. Ich sah nur, was ich nicht hatte.

Vermutlich ist das normal, wenn man trauert. Um seine Trauer zu verarbeiten, muss man sich mit dem auseinandersetzen, was man verloren hat.

Ich merkte, dass es mir besser ging, als ich auch den Himmel in den Pfützen entdeckte. Im übertragenen Sinn. Die Freiheit, die ich habe, weil ich kinderlos bin. Die Möglichkeiten, die mir dadurch offenstehen. Ich kann und darf mein Leben so gestalten, wie es zu mir passt. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich das sehen konnte.

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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