Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Dienstag

17

April 2018

Intensitäten eines Kinderwunsches

von Elaine, über Abschied vom Kinderwunsch, Ungewollte Kinderlosigkeit, Trauer

Vor einer Weile las ich, dass es verschiedene Intensitäten des Kinderwunsches gibt. Eigentlich völlig logisch, aber ich hatte nie daran gedacht, wie grundlegend dieser eine Faktor sein kann. Für mich erklärt er doch so einiges. Aber fangen wir von vorne an.

Natürlich sind wir sowieso alle verschieden. Jede Geschichte ist anders. Die gesundheitlichen Voraussetzungen, das Alter, in dem wir versuchen schwanger zu werden, die Behandlung, die wir auf uns nehmen (oder eben nicht), die in der Kinderwunschzeit erlittenen Verluste und vieles mehr können sich stark unterscheiden und auch einen Einfluss darauf haben, wie es uns nach der aktiven Kinderwunschzeit geht. Und vielleicht darauf, wie schnell wir uns vom Schicksalsschlag, keine Kinder bekommen zu können, erholen. Aber das ist noch nicht alles!

Mir war auch schon aufgefallen, dass manche sich scheinbar leichter mit der ungewollten Kinderlosigkeit versöhnen als andere. Wenn man den Kinderwunsch unter dem Aspekt der Intensität betrachtet, macht das auf einmal Sinn. Gemäss andrologie.ch gibt es drei verschiedene Arten des Kinderwunsches. Ich zitiere:

  1. lebensbestimmender Kinderwunsch:
    sehr starker Kinderwunsch, nahezu keine Alternativen und wenn, dann nur kindbezogene Ausweichmöglichkeiten

  2. lebensbegleitender Kinderwunsch:
    starker Kinderwunsch, die Patienten können aber spontan auch „kindunabhängige“ Ziele im Leben benennen

  3. peripherer Kinderwunsch:
    relativ geringe Bedeutung des Kinderwunsches für die derzeitige Lebensgestaltung

Meinen eigenen Kinderwunsch kann ich irgendwo zwischen “lebensbegleitend” und “lebensbestimmend” einordnen. Bevor wir den Kinderwunsch aktiv in Angriff nahmen, war er sicherlich eher lebensbegleitend. Andere Themen schienen mir auch wichtig. Es war eigentlich nie so, dass Kinder mein einziges Lebensziel darstellten. Jedoch ging ich immer davon aus, dass ich mal Kinder haben würde!

Später, in der aktiven Kinderwunschzeit, wurden die anderen Themen viel weniger wichtig. Sie verblassten völlig neben diesem einen grossen Ziel. Der Kinderwunsch wurde sozusagen lebensbestimmend. Als wir die Kinderwunschbehandlung erfolglos beendeten, wusste ich im Kopf, dass es möglich sein musste, trotzdem ein gutes Leben zu führen. Emotional war das eine ganz andere Geschichte! Mein Mann erinnerte mich dann in der akuten Trauer irgendwann an meine ursprüngliche Haltung: nämlich daran, dass für mich Kinder nicht das einzige im Leben gewesen waren. Da schlummerten noch ganz viele andere Interessen. Diese wieder ein wenig aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken, war für mich sehr hilfreich, auch wenn das nicht ruck-zuck ging! Ich konnte mit der Zeit daraus einen alternativen Lebensplan und -inhalt entwickeln, bekam wieder eine neue Perspektive und konnte dadurch meinen Blick ein wenig weg vom Kinderwunsch richten.

Ich kann mir nur vorstellen, dass ein rein lebensbestimmender Kinderwunsch schwieriger zu verarbeiten sein muss, wenn er nicht erfüllt wird. Ich fand meine eigene Kinderlosigkeit schon schwer genug zu akzeptieren. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich soweit war.

Wie ist das bei Euch? Würdet Ihr Euren Kinderwunsch unter 1, 2 oder 3 einordnen? Und findet Ihr diese Kategorien überhaupt hilfreich?

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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