Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Freitag

3

März 2017

Die Entscheidung

von Elaine, über Abschied vom Kinderwunsch, Reproduktionsmedizin, Selbstfürsorge

Die liebe Blüte hat in ihrem Kommentar gefragt, ob ich denn noch Zweifel hätte an meiner Entscheidung, mit der Kinderwunschbehandlung aufzuhören.

Vorweg möchte ich Euch sagen, dass ein gewisses Hin- und Herschwanken vermutlich normal ist. Die Sehnsucht nach einem Kind geht ja nicht auf Knopfdruck weg. Es gibt Frauen, die mehrmals mit der Behandlung abschliessen wollten und dann doch wieder etwas Neues ausprobierten, was vielleicht noch helfen könnte. Das ist verständlich und nachvollziehbar. Jede Geschichte ist so anders, dass ich sie nur respektieren und achten kann, ganz unabhängig davon, welche Entscheidung mein Mann und ich getroffen haben. Manchmal braucht das Herz länger als der Kopf. Das ist in Ordnung. Ihr (und Euer Partner) wisst, wann es Zeit ist, und wofür. Niemand anders hat das Recht, darüber zu urteilen. Nur Ihr wisst, was Ihr braucht und was für Euch stimmt. Was für Eure Ehe stimmt, Eure physische und psychische Gesundheit. Das ist wichtig!

Aber Blüte wollte ja wissen, wie es bei mir denn so ist. Verspüre ich jetzt noch Zweifel?

Heute nicht mehr. Das kann ich mit Sicherheit sagen. Damals… waren es Zweifel? Hm, vielleicht ist Zweifel nicht mal das richtige Wort dafür. Vor allem verspürte ich grosses Bedauern. Ein Teil von mir hätte nämlich gerne weitergemacht, um diesen Kindern eine Chance zu geben, in mein Leben zu treten. Diesen Drang, alles Mögliche zu tun, konnte ich nicht sofort ablegen. Ich erinnere mich noch an einen Spaziergang, auf dem ich unter Tränen meine Kinder um Verzeihung bat, dass ich nicht hatte weitermachen können. Das klingt etwas überzogen und irrational, aber mir half das, gewisse Schuldgefühle loszuwerden. Ich war traurig und über mich selbst enttäuscht, weil ich nicht weitermachen konnte. Ich hatte meine Grenzen bereits überschritten. Ich hatte es nicht gleich gemerkt, sondern (zum Glück) mein Mann. Er war es, der die Bremse zog. So nahmen wir die Abzweigung “ohne Kind”.

Ich hatte zu dem Zeitpunkt nicht das Gefühl, eine Wahl zu haben. Oder wenn, dann wäre es die Wahl gewesen zwischen der (nicht mehr sehr grossen) Hoffnung auf das Kind und meiner körperlichen und psychischen Gesundheit oder vielleicht gar unserer Ehe. Um all diese Dinge stand es nämlich damals nicht so gut. Natürlich kam vor allem anfänglich immer wieder der Gedanke, dass es vielleicht noch geklappt hätte, wenn wir weitergemacht hätten. Aber ich hatte bereits genug auf mich genommen um zu wissen, dass es keine Garantie gibt. Der Wunsch nach einem Kind steckte vor allem am Anfang noch tief in mir drin. Es war jedoch auch klar, dass die Basis für weitere Behandlungen fehlte. Isa hat mal ein Wort verwendet, das hierzu sehr gut passt: der Abschied war für uns am Ende “alternativlos”. Ich musste sehen, dass ich wieder zu Kräften kam. Und unsere Ehe konnte auch ein wenig Aufmerksamkeit vertragen!

Aufgrund meiner Diagnose hätte mir die behandelnde Ärztin nach dem letzten Zyklus an der Klinik am liebsten sofort die Pille verschrieben. Das brachte ich dann wiederum nicht übers Herz. Ich mochte auch nicht nahtlos mit künstlichen Hormonen weitermachen. Ich wollte mir Zeit lassen. Der Wechsel erfolgte also nicht strikt schwarz-weiss.

Vor zwei Jahren zogen wir unsere “Linie in den Sand”. Die Zeit heilt tatsächlich vieles, auch wenn man es erst nicht glaubt. Ich habe intensiv getrauert, war oft wütend oder erschöpft. All das konntet Ihr hier schon lesen. Trotz allem ging ich meinen Weg, und dieser ging vorwärts. Mit jedem Schritt ein bisschen mehr in die Freiheit.

Das heisst jetzt nicht, dass ich nie mehr traurig sein werde oder mir nicht manchmal doch wünschte, wir hätten Kinder. Es heisst nur, dass ich auf keinen Fall zurück möchte. Ich würde wieder gleich entscheiden. Für mich. Für meinen Mann. Für unsere Ehe. Für meine Gesundheit. Weil das alles doch auch etwas wert ist. Sehr viel sogar.

Wie ist das bei Euch so mit den Zweifeln? Gibt es sie oder ist alles klar?

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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