Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Dienstag

7

Februar 2023

Konsequenzen

von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Abschied vom Kinderwunsch, Trauer, Gesellschaft, Isolation

Langjährige Blogleser*innen wissen, dass der soziale Aspekt der ungewollten Kinderlosigkeit für mich etwas vom Schwierigsten war. In der Zeit der akuten Trauer um meine Kinder, die nie sein würden, ertrug ich die Konfrontation mit dem Mutterglück anderer sehr schlecht. Eine absolut isolierende Erfahrung! Praktisch mein gesamtes Umfeld hatte oder bekam in dieser Phase Kinder. Zu häufig trafen mich unpassende, verletzende Äusserungen, wenn ich mich diesen Menschen anvertraute. Nicht aus bösem Willen, sondern oft aus Unwissenheit und Überforderung. Mir fehlten Menschen, die meine Erfahrungen teilten und mich verstanden.

Heute bin ich dankbar dafür, auf sozialer Ebene wieder gut aufgehoben zu sein. In den letzten Jahren durfte ich einige wunderbare Frauen kennenlernen, die Ähnliches erlebt haben wie ich. Als es mir besser ging, merkte ich zudem, dass ich gar nicht so alleine bin, wie ich gedacht hatte. Auch alleinstehende oder bewusst kinderlose Frauen sind mittlerweile gute “Gspändli” (Gefährtinnen) für mich geworden.

Die Zeit der Isolation hat jedoch ihre Spuren hinterlassen. Eine Konsequenz ist, dass manche Verbindungen unwiederbringlich gekappt sind oder zumindest darunter gelitten haben. Nach einer besonders schwierigen Erfahrung wurde ich vorsichtig damit, Kleidertauschpartys zu besuchen, an denen vor allem Mütter teilnahmen. Ich wollte nicht hören, wie sich die Frauen über ihre wechselnde Oberweite und dergleichen austauschten. Ich konnte ja ohnehin nicht mitreden. Dasselbe galt auch für Geburtstage, wenn ich wusste, dass nur Frauen eingeladen waren, und dass sie alle Kinder hatten.

Meine Schwägerin zum Beispiel lädt mich nicht mehr zu ihrem Geburtstag ein. Was nur verständlich ist nach mehreren Absagen in Folge. Und gleichzeitig verspüre ich da auch Bedauern. Ich frage mich, ob ich wieder kitten könnte, was unter meinem Abschied vom Kinderwunsch und meiner immer noch andauernden Kinderlosigkeit gelitten hat. Aber dann merke ich, dass ich den Kraftaufwand scheue. Dass es leichter ist für mich, mit einer anderen ungewollt kinderlosen Frau einen Spaziergang zu machen. Oder einen Kaffee mit meiner älteren alleinstehenden Nachbarin zu trinken. Weil ich weiss: wenn ich wieder zu einem solchen Geburtstag eingeladen würde, dann wäre es noch immer kein Ort, an dem ich mich wirklich wohlfühle. Auch wenn es nicht mehr so weh tut. Die Frauen haben mittlerweile eine gemeinsame Geschichte, zu der ich nicht gehöre. Ihre Kinder sind miteinander befreundet, es gab gemeinsame Ferien in Italien, Kindergeburtstage, gegenseitiges Babysitting und vieles mehr. All das befindet sich ausserhalb meiner Reichweite. Ehrlich gesagt will ich es inzwischen auch gar nicht mehr – zum Glück! Aber das leise Bedauern bleibt.

Habt Ihr auch solche Erfahrungen gemacht?


Nachtrag:

Zum Schluss noch ein Veranstaltungstipp zu “unserem” Thema: Jeannine Donzé liest am 15. Februar 2023 in St. Gallen aus ihrem Buch “Was wir in die Welt bringen – Frauen zwischen ‘kinderlos’ und ‘kinderfrei’”. Weitere Informationen dazu findet Ihr hier.

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

Um anonym zu kommentieren: Kommentar schreiben, Pseudonym und E-Mail in die Felder eintragen und bei "Ich möchte lieber als Gast schreiben" das Häkchen setzen.