Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Montag

9

März 2020

Vom Aufarbeiten

von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Reproduktionsmedizin, Heilsam

Gegen Ende letzten Jahres war ich für längere Zeit krankgeschrieben und in dieser Phase auch mehrmals im Krankenhaus. Da ich zum Glück etwas hatte, das wieder abheilt, war es für mich unter dem Strich nicht so tragisch. Ich glaube, dass mir hier die vielen Lektionen der letzten Jahre in Selbstfürsorge zugute kamen. Ich konnte annehmen, was war, und das hat es sicher leichter gemacht.

Als es aufwärts ging mit meiner Gesundheit und ich teilzeitig wieder ins Arbeits- und Sozialleben einsteigen konnte, kam bei mir so einiges hoch. Eines Nachts konnte ich fast nicht schlafen, weil ich so richtig Kopfkino hatte. Ihr müsst wissen: damals, als ich nicht schwanger geworden war, obwohl ich es so gerne wollte, landete ich auch im Spital. Einerseits nahm ich im Zuge der Abklärungen eine Laparoskopie auf mich, bei der nicht nur geguckt, sondern am Ende auch operiert wurde, und andererseits fuhr ich im Anschluss dazu regelmässig zur Behandlung in das Kinderwunschzentrum im gleichen Krankenhaus.

Die Erfahrung mit meinen letzten Krankenhausaufenthalten Ende 2019 hat mir nun deutlich vor Augen geführt, dass ein Krankenhausbesuch oder -aufenthalt nicht traumatisierend sein muss. Obwohl es auf jeden Fall ein Stress ist für das menschliche Gesamtsystem. Ich meine damit, dass natürlich mein Immunsystem gestresst war (da krank), aber auch das vegetative Nervensystem über die Psyche. Das merkte ich daran, dass es sich in meinem Brustkorb anfühlte, als hätte ich Muskelkater - derart war das Zwerchfell angespannt. Aber es macht einen Unterschied, ob man sich bei den Ärzten und beim Pflegepersonal gut aufgehoben fühlt oder einfach nur ausgeliefert! Und da wurde mir plötzlich klar, dass ich noch einiges zu verarbeiten hatte.

Als ich vor bald sechs Jahren operiert wurde, war dies mein erster Krankenhausaufenthalt. Ich erinnere mich noch an die Voruntersuchungen, als wäre es gestern. Ich kam zu einer Ärztin und einer Hebamme, die ich nicht kannte. Die Ärztin hatte einen glasigen Blick und hätte fast einen Vaginalultraschall ohne Gleitmittel durchgeführt. Die Hebamme war ziemlich barsch. Man hatte mir gesagt, mein Eingriff wäre ambulant. Sie meinte nur, vielleicht müsste ich auch ein paar Tage im Krankenhaus bleiben. Das hat mich ziemlich verunsichert.

Zum Glück war mein Zimmer nicht voll belegt - mein Bett war das einzige darin. Im Frauenspital hätte ich auch neben einer Wöchnerin liegen können - das haben sie mir freundlicherweise erspart. Über das Pflegepersonal kann ich eigentlich nur Positives sagen. Als die eine Pflegefachfrau merkte, dass ich keinerlei Krankenhauserfahrung hatte, erklärte sie mir ein paar Dinge. Nur leider bekam ich den Arzt, der mich operieren sollte, nicht zu Gesicht. Und das war für mich ziemlich wesentlich. Nach der Operation hatte ich starken Schüttelfrost und mir war stundenlang speiübel. Dort im Aufwachraum weckte mich eine Stimme und sagte mir meine Diagnose. Ich erinnere mich nicht an das Gesicht des Arztes. Und obwohl ich weiss, dass er vermutlich einen anstrengenden Tag im OP hatte und dies aus reiner Not so geschehen sein muss, finde ich es daneben, jemanden auf diese Weise über seine Diagnose zu informieren. Er hat mich quasi aus der Narkose aufgeweckt und mir die Diagnose in einem Zustand unter die Nase gerieben, den man nicht als voll bei Bewusstsein bezeichnen kann. Ich habe daher bis heute kein gutes Gefühl, wenn ich an diese OP denke. Was durch die OP hätte verbessert werden sollen, wurde im Laufe der Hormonbehandlung und danach noch schlimmer als zuvor. Zudem habe ich seit der OP Lebensmittelunverträglichkeiten, die ich davor nicht gehabt hatte. Ich werde nie wissen, ob das “normal” ist, oder ob dieser gesichtslose Arzt irgendetwas falsch gemacht hat. Ich konnte jedenfalls kein Vertrauen zu ihm aufbauen.

Als ich diesmal im Krankenhaus lag, war mir das blubbernde Geräusch des Sauerstoffes vertraut. Meine Zimmernachbarin war operiert worden. Damals, vor sechs Jahren, fand ich in der Nacht, nachdem die Übelkeit endlich abgeklungen war, keinen Schlaf - zu ungewohnt waren die Geräusche und die Umgebung.

Über die Kinderwunschbehandlung selbst möchte ich nicht zu viel Negatives sagen. Ich erinnere mich an eine Begebenheit, die für mich im Nachhinein eindeutig nach Manipulation riecht, und bei der vielleicht der berufliche Ehrgeiz der Oberärztin und die wirtschaftlichen Interessen über das Wohl des Patienten gestellt wurden. Aber das war nur einmal der Fall. Meist bemühten sich die Ärzte sehr um Einfühlungsvermögen.

Was ich noch als ziemlich traumatisch in Erinnerung habe, ist der Versuch, mir selbst auf der einzigen Toilette auf Arbeit die allererste “richtige” Spritze zu setzen, um meinen Eisprung auszulösen. Ich hatte davor nur den recht einfach zu handhabenden Pen benutzt. Die Pflegefachfrau hatte wohl gedacht, ich wüsste schon, wie’s geht, und hatte mir nicht genügend Anweisungen gegeben. Ich scheiterte mit meinen vor Nervosität schweissnassen Fingern kläglich am Versuch eine Glasampulle korrekt zu zerbrechen und verletzte mich sogar daran. Am Ende fuhr ich mitten während des Arbeitstages in die Klinik, total gestresst, weil ich ja nun zeitlich nicht rechtzeitig den Eisprung auslösen konnte und auch, weil ich auf Arbeit fehlen musste und dafür nicht wirklich eine gute Erklärung wusste. Ich wollte nicht sagen, weshalb ich weg musste. Die Pflegefachfrau entschuldigte sich sehr bei mir, als ich in der Klinik mein Problem erklärte, aber der “Schaden” war bei mir emotional längst geschehen.

Heilsam war für mich jetzt bei meiner letzten Erfahrung, dass die Ärzte und das Pflegepersonal alle sehr gut mit mir kommunizierten und sich genügend Zeit für mich nahmen. Der Chefarzt selbst war vermutlich etwa 20 Minuten bei mir - ich merkte erst am Schluss beim Blick auf das Namensschild, dass er “etwas Hohes” war - er hatte sich ganz normal und nahbar verhalten.

Was für mich nach den ganzen vor allem gynäkologischen Behandlungen ebenfalls eine Wohltat war, war der Respekt und die Diskretion, die mir diesmal entgegengebracht wurden. Es wurde nicht erwartet, dass ich mich vollends entblösste, wenn ich mich “oben freimachen” musste. Ich habe hinterher meinem Mann fast schmunzelnd erzählt, dass dies für mich eine völlig neue Erfahrung war, nachdem ich meine Beine Dutzende von Malen vor den verschiedensten Ärzten gespreizt hatte, die ich teilweise davor noch nie gesehen hatte! Diese Achtung und Rücksichtnahme bringt mich jetzt beim Tippen fast zum Weinen und macht mir klar, dass Kinderwunschbehandlung und Respekt der Intimsphäre wohl schlicht im Widerspruch zueinander stehen. Ich bin so dankbar dafür, dass ich jetzt mit einem anderen Krankenhaus eine so positive Erfahrung machen durfte!

Es tut mir gut, darüber zu schreiben. Es hat viel Zeit gebraucht, bis ich hier ein wenig genauer hinschauen und hinfühlen konnte. In dem Sinne hatte meine Erkrankung letzten Herbst auch ihren Sinn. Ich war diesmal länger im Krankenhaus als damals vor 6 Jahren, und doch war es sehr viel weniger schlimm. Wie heilsam!

Wie geht es Euch so mit Krankenhäusern?
Habt Ihr auch traumatische Erfahrungen gemacht?

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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